Tagblatt | Ein Paradies namens Jägerhof: Glück darf seinen Preis haben – ein Plädoyer für die Spitzengastronomie
Ungezwungen statt steif, herzlich willkommen statt vornehm geduldet, köstlich statt undefinierbar, wohlfühlend statt überfordert: die Gourmetgastronomie ist ein paradiesischer Ort und keine Marterstätte für kulinarisch Unbeschlagene. Wer es (noch) nicht glauben mag, findet den Beweis im «Jägerhof» in St.Gallen.
von Hans Suter
Es gibt nur wenige Dinge im Leben, die mehrere Sinne gleichermassen und gleichzeitig beglücken. Die Liebe und edle Weine gehören dazu. In besonderem Mass auch das Fine Dining: filigrane Kunstwerke für das Auge, betörende Düfte für die Nase, unvergessliche Aromen für den Gaumen. Wer sich dieses einzigartige Erlebnis noch nie gegönnt hat, sollte es unbedingt einmal tun. Die Wahrscheinlichkeit ist gross, dabei eine neue Oase der Glückseligkeit zu entdecken.
Ein idealer Ort für diese kulinarische Entdeckungsreise ist das Restaurant Jägerhof in St.Gallen bei Agron Lleshi. Vreni Giger, vom Gourmetführer Gault Millau als «Grande Dame der gehobenen Ostschweizer Gastronomie» bezeichnet, hatte das Haus zwanzig Jahre lang geführt und landesweit bekannt gemacht. Im Sommer 2016 hat ihr ehemaliger Lehrling und späterer Souschef Agron Lleshi das Restaurant übernommen.
«Voller Power und Ideen, scheut der aussergewöhnlich talentierte Koch keine Mühe, alles selbst frisch zuzubereiten, sei es noch so aufwendig und ausgefallen», wird er von Gault Millau gelobt. Ein Besuch bestätigt diese Anerkennung. Agron Lleshi ist ein ausgesprochen kreativer und zugleich freundlicher Mensch, der nach Möglichkeit jeden Gast persönlich verabschiedet. Dabei sieht man seinem milden Gesichtsausdruck an: Er will, dass alle glücklich sind beim Verlassen des Lokals mit seinen nur elf Tischen und dem Kitchen Table, von wo aus man das Wirken der Köche hautnah erleben kann.
Bevor das Menü mit der ausgewählten Anzahl Gänge startet, wird der Gast mit Amuse-Gueules beglückt: kleinen Appetitanregern, an denen man sich kaum sattsehen kann, so kunstvoll sind sie angerichtet. Auf der Zunge und am Gaumen folgt die zweite Reise ins Glück: wunderbare Aromen, verzaubernde Texturen. So zieht sich das den ganzen Abend durch, von einem Gang zum nächsten. Die Portionen sind so bemessen, dass das Sättigungsgefühl just nach dem letzten Gang einsetzt und das Glück vollkommen ist.
Ein solches Erlebnis hat seinen Preis. Aus der Abendkarte kosten drei Gänge 120 Franken, pro weiteren Gang kommen 15 Franken hinzu, womit das Acht-Gänge-Menü 195 Franken erreicht. Damit zurück zum Anfang: Wer sich dieses einzigartige Erlebnis noch nie gegönnt hat, sollte es unbedingt einmal tun.