DIE WELTWOCHE | Grösster Respekt

ESSEN/ DAVID SCHNAPP

Restaurant Jägerhof, Brühlbleichestrasse 11, 9000 St. Gallen, Tel. 071 245 50 22.
Sonntags geschlossen. 17 Gault-Millau-Punkte, ein Michelin-Stern

Gastronomie ist ein anspruchsvolles Geschäft, und je länger ich esse, desto grösser wird mein Respekt vor Köchen und insbesondere vor Gastronomen, die ohne Mäzenatentum, ohne Quersubventionierung durch ein Luxushotel erfolgreich arbeiten. Vergangene Woche sass ich am Küchentisch von Agron Lleshi im «Jägerhof» in St. Gallen— nicht zum ersten Mal allerdings, weil mir die grundehrliche Küche hier sehr zusagt.

Agron Lleshi, der im «Jägerhof» schon seine Lehre absolviert hat und das Traditionslokal vor acht Jahren übernehmen konnte, hat einen erfolgreichen Mittelweg gefunden, der kulinarisch ebenso Sinn ergibt wie wirtschaftlich. Zum einen serviert der 38-jährige Koch Gerichte, die anspruchsvoll, aufwendig und ästhetisch sind. Zum anderen werden hier auch unprätentiöse Mittagsgerichte zubereitet; das Wienerschnitzel gehört zu den Bestsellern auf der Karte.

Mein Mittagessen beginnt mit einem in Nussbutter konfierten Saibling, dazu knusprige Haut und salziger Rogen des Fischs, Bärlauch-Hummus, ein geräucherter Kartoffelschaum sowie eine Buttermilch-Bärlauch-Sauce, was zusammen leicht, abwechslungsreich und spannungsvoll wirkt. Der Hauptgang ist zwar rustikaler, aber ebenso sorgfältig zubereitet. Die Sauce hollandaise zum Spargel aus Diepoldsau schlägt Agron Lleshi selbst von Hand über dem Wasserbad auf, das Rindsfilet ist perfekt zubereitet – Röstnoten aussen, medium rare innen – und schliesslich gibt es mit Sherry glasierte Morcheln: grundehrliche, sehr gute Küche eben.

Das Dessert wiederum besteht aus rund einem Dutzend Komponenten und ist fein zisiliert angerichtet, aber steht letztlich in derselben Tradition wie der Hauptgang, weil die wichtigsten Aromen präzise und authentisch herausgearbeitet sind: Rhabarber, Mandeln und Vanille in verschiedenen, raffinierten Konsistenzen und Texturen.

David Schnapp ist Autor beim Gault-Millau-Channel.

Quelle: DIE WELTWOCHE