LEADER | Für Jeans- und Anzugträger

Der «Jägerhof» in St.Gallen ist für Gault-Millau ein kulinarischer Hotspot mit 17 Hauben und einem Michelin-Stern, sein Chef Agron Lleshi ein aussergewöhnlich talentierter Küchenchef und aufgestellter Gastgeber. Das Feinschmeckerlokal nahe der Olma empfiehlt sich nicht nur für private Genussmomente, sondern auch für erfolgreiche Geschäfts- oder Weihnachtsessen.

Der Gault Millau 2023 schwärmt: «Im ‹Jägerhof› wirtet St.Gallens Goldjunge. Agron Lleshi ist ein hochtalentierter Koch, ein begnadeter Gastgeber und eine Frohnatur, deren gute Laune sich nicht nur aufs Team, sondern auch auf die Gäste überträgt. Und zur guten Laune hat man allen Grund. Der Mittdreissiger feilt nicht nur ständig an seinen Klassikern (Schnitzel, Cordon bleu, Fischknusperli, Trüffel-Kreationen), sondern entwickelt auch seine mediterran inspirierte Küche immer weiter. Mittags gibt es günstige, hervorragende Tages- gerichte à la carte, abends das Gourmetmenü (auch vegeta- risch) in drei bis acht Gängen.»

 

17 Hauben und ein Stern
Der 38-Jährige hat einen rasanten Aufstieg hingelegt, nach- dem er 2016 den Jägerhof übernommen hatte: Schlag auf Schlag folgten die 15., 16. und 17. Haube sowie ein Michelin-Stern. Die damit einhergehende Publizität freut Lleshi sehr: «Je mehr Auszeichnungen, desto mehr Aufmerksamkeit.» Und Aufmerksamkeit kann die Spitzengastronomie gut

gebrauchen, das Geld sitzt nicht mehr ganz so locker, der Gast will umworben werden. Das tut Lleshi automatisch; er ist ein Menschenfreund, der nicht kocht, weil er muss, sondern weil er für seine Gäste gerne kocht. Er hat damit seine Leidenschaft zum Beruf gemacht, für ihn gab es nie etwas anderes als kochen. Auch in der spärlichen Freizeit lässt er es sich nicht nehmen, zuhause für Familie und Freunde zu kochen.

Man glaubt es kaum, dass der Vielbeschäftigte da noch Zeit und Lust hat zu kochen, doch: «Das ist mein Leben.»
Die Familie – Lleshi hat vier Kinder, die Zeit mit ihnen und seiner Frau ist ihm heilig – hält ihm dabei den Rücken frei, sonst ginge das gar nicht, weiss er; seine Mama etwa hilft in der Küche, wo gerade Not am Mann ist. «Und sie backt unsere Brötli für den Abend, keiner macht so gute wie sie.»

 

Liebe zum Detail im ganzen Lokal
Das ist symptomatisch für den «Jägerhof» – hier wird alles frisch zubereitet, sogar die Pralinés zum Schluss, die macht Agron Lleshi himself. Oder, wenn wir schon beim Schluss sind: Seine Kaffeeröstung etwa gibt’s nur im Jägerhof; Lleshi bekommt sie aus der privaten St.Galler Rösterei Beyer Beans.

Diese Liebe zum Detail zieht sich durch den ganzen Jäger- hof, und zwar nicht nur in der Küche: Wichtig ist Lleshi, auch den kleinen Dingen grosse Aufmerksamkeit zu schenken. Er kann zu jedem Teller, zum Besteck, ja zu jeder Vase eine Geschichte erzählen. Lleshi wählt alles selbst aus, und zwar nicht mit dem Auge auf dem Preisschild, sondern auf der Stim- migkeit.

«Ich sehe das als Privileg, dass ich mein Restaurant so aus- staffieren kann, wie ich es will», sagt er, und man glaubt es ihm aufs Wort. Nichts ist hier dem Zufall überlassen, und trotzdem wirkt nichts steif, unnahbar oder aufgesetzt – im Gegenteil, die Gäste werden herzlich empfangen und ebenso verabschiedet, mit Handschlag, ob sie nun im Anzug oder in Jeans speisen.

 

Auch für Firmen- und Weihnachtsessen
Apropos Gäste: Es sind bei Weitem nicht nur anspruchsvollste Gourmets von nah und ferne, die bei ihm essen, sondern «ganz einfach Menschen, die Wert auf Qualität und Authenti- zität legen». Am Wochenende sind es eher Private, Paare, Familien, während der Woche – Lleshi hat nur am Sonntag geschlossen – sind es über Mittag oft auch Geschäftsleute, die ihren Kunden und Partnern etwas Besonderes bieten wollen und das angenehme, diskrete Ambiente schätzen. Apropos Geschäft: Auch für erweiterte Business-Meetings bietet sich der Jägerhof an, etwa für Firmen- oder Weih- nachtsessen, zu denen der quirlige Gastgeber gerne Gesell- schaften bis zu 50 Personen empfängt. Parkplätze gibt’s vor dem Haus oder im Olma-Parking gleich gegenüber. Preislich bewegt man sich hier mehr als im Rahmen. Lleshi hat nach der Übernahme des Jägerhofs die Preise korrigiert – nach unten. Jetzt ist er, eigentlich, zu günstig für das Gebo- tene – den Lunch mit zwei Gängen gibt’s schon ab 69 Franken, man wählt frei von der Tageskarten aus zahlreichen Positionen mit Vorspeisen, Zwischengängen, Hauptgängen und Desserts –, aber es passt zu Lleshis einfacher, ungekünstelter und men- schenorientierten Art.

 

Weder Chichi noch Schnickschnack
Das ist wohl auch ein Pfeiler seines Erfolgs: dass er mit den Preisen nicht abgehoben ist. Nicht abgehoben ist Agron Lleshi auch mit seinen Kompositionen, hier findet sich weder Chichi noch Schnickschnack, er geht sogar soweit, seine Küche als «Grossmutters Küche, neu interpretiert» zu bezeichnen. Er sagt von sich, er koche einfach, das kann man kaum glauben bei 17 Punkten, aber es sei so: «Das Erfolgsrezept sind erst- klassige Zutaten, die einfach, aber gut zubereitet und schön angerichtet werden.»

So etwa bei seinen Bottega-Veneta-Ravioli, die nach der gleichnamigen Luxusmarke aus Mailand benamst sind; die Idee dazu kam Lleshi in einem BV-Store, als er ähnlich gefloch- tene Lederschuhe studierte. «Auf keinen Fall wollen wir aber mehr scheinen als sein», betont Lleshi, ihm als Koch ist die Qualität der Produkte natürlich ebenso wichtig, da kennt
er keine Kompromisse, ebenso wenig wie beim Ambiente.

Apropos Ambiente: Auch Platz findet man im Jägerhof genug, es gibt nur elf Tische und den Kitchen Table in der Küche, wo man den Köchen – es sind bis zu fünf – auf die Finger bzw. über die Schulter schauen kann. «Unsere Gäste schätzen den Raum, den sie haben, denn nicht immer möchte man, dass der Nebentisch mitbekommt, was gerade diskutiert wird», schmunzelt er und bezieht sich dabei sowohl auf Gespräche unter Geschäftsleuten als auch auf Turteleien zwischen Liebenden.

Text: Stephan Ziegler

Quelle: LEADER